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Dietrich Eickmeier
zum Verhältnis Politik-Bürger

Dagegen-Kultur

Abneigung, Entfremdung, Zerrüttung. Man kann über den zutreffenden Begriff dafür streiten, was die Meinungsforscher gerade an Werten zum Verhältnis von Bürgern und Politik gemessen haben.
 
Das Sich-Abwenden vieler Bürger von der politischen Klasse ist kein neues Phänomen, eher eine seit einem guten Jahrzehnt zu beobachtende Entwicklung, für die man einst den Begriff Politikverdrossenheit fand.
 
Nur wurde in den letzten Tagen und Wochen das Gefühl vieler Menschen, dass sich die poitisch Handelnden von ihrer Lebenswelt abgekoppelt hätten, zusätzlich noch genährt durch Bilder, in denen sich die Staatsmacht wie in Stuttgart von einer besonders hässlichen Seite zeigte.
 
Stuttgart 21 ist freilich ein Symbol. Wenn weit über die regionale Bedeutung hinaus das umstrittene Bahnhofsprojekt die Deutschen so beschäftigt, dass sie mehrheitlich mit den Demonstranten sympathisieren, dann kann das nur mit einer politischen Grundstimmung zu tun haben, die sich seit Beginn der Wirtschafts- und Finatkrise verschärft hat.
 
Da haben viele Menschen das Vertrauen in die Eliten generell verloren. Dass 98 PrOsent der Befragten im aktuellen ARD-Deutschlandtrend fordern, die Politik müsse wieder stärker den Kontakt zum Volk suchen, ist eher der hilflose Ausdruck eines Ohnmachtgefühls und gleichzeitig eine besonders in den Mittelschichten verbreitete Rechtfertigung dafür, dass man sich einer sich entwickelnden Dagegen-Kultur angeschlossen hat.
 
Dass die Politik sicherlich überraschende neue Phänomen ist dabei, dass gerade auch Menschen aus besseren Stadtvierteln, die für Demonstranten noch vor wenigen Jahren eher kopfschütteln und Verachtung denn Verständnis aufbrachten, nun auf der Straße mitmarschieren.
 
Das aber zeigt, dass diejenigen wohl recht behalten haben, die auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise vor schwerwiegenden Folgen, die weit über das Ökonomische hinausgehen, gewarnt haben.
 
Für den renomierten Bielefelder Soziologen und Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer, der set 2002 systematisch die "Deutschen Zustände" untersucht, frisst sich Angst in die deutsche Gesellschaft hineien - Angst vor der Zukunft, Angst vor dem eigenen sozialen Abstieg.
 
Noch reagieren viele Menschen mit einer Art Aufspaltung der Ängste und Sorgen: Sie sehen ihre eigenen Situation verhältnismäßig positiv, empfinden die Lage insgesamt aber als belastend, stellen folglich zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt infrage. So äußerten im vergangenen Jahr in einer Befragung durch das Heitmeyer-`Teeam 65 Prozent derjenigen, die sich von der aktuellen Krise selbst betroffen fühlten, dass in Deutschland zu viele schwache Gruppen mitversorgt werden müssen. Auffallend ist auch, dass sich Angehörige der Mittelschicht noch starker von der Krise bedroht fühlen als Befragte aus unteren sozialen Schichten.
 
Befürworter einer direkten Demokratie setzen auf Volksbegehren und Volksentscheide als Allheilmittel gegen den sich ausbreitenden Anti-Politik-Virus. Es ist aber, sieht man sich die geringe Beteiligung an solchen Abstimmungen vielerorts an, eher eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten. Viele Menschen bleiben abseits stehen.
 
So hat, wie bei der Volksabstimmung über das Hamburger Schuisystem, eine gutsituierte Minderheit Erfolg gehabt, weil die Mehrheit zu Hause blieb. Und gegen die wachsende Abstiegsangst einer alternden Gesellschaft, die eine Abneeigung gegen alles Neue und Fremde entwickelt, Inklusive wachsender Islamphobie in ganz Westeuropa, helfen keine Volksentscheide, sondern nur das Engagement in Verbänden und Parteien.

Quellenangabe: Dietrich Eickmeier (berlin@weser-kurier.de), Weser-Kurier - Redaktion Berlin, noch einmal ein Dankeschön an dieser Stelle für die Erlaubnis es an dieser Stelle zu Veröffentlichen

Unsere Kontaktdaten:

Initiative Achimer Bürger
für den Erhalt der Gieschen-Kreuzung
Am Schmiedeberg 6
28832 Achim
Tel.: 04202/7650-198
Fax.: 04202/7650-189
 
V.I.S.D.P. Heinz-Dieter Breu

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