Ich habe ein wichtiges Ereignis vergessen, Werder wurde
"Deutscher Meister!!!!
Ich höre es noch heute, wie meine Mutter vor der Fahrt ins
Zimmer stürmte und sagte. "Berlin ist blockiert, ob ihr überhaupt fahren werdet?"
Diese lapidare Meldung, die seinerzeit viele Menschen und uns berührte,
habe ich im Internet gefunden:
7.4.1965: Sowjetische Düsenjäger überfliegen die Berliner
Kongresshalle während der fünften und letzten Plenarsitzung des Bundestages in West-Berlin.
Außerdem werden aus Protest gegen die Abhaltung der Sitzung des Bundestages
zeitweilig die Zugänge zu Wasser und zu Lande nach West-Berlin durch sowjetische und DDR-Soldaten blockiert.
Ich bin doch noch fündig geworden:
Am 07. April 1965 donnerten hunderte sowjetische Kampfflugzeuge im Tiefflug
und mit hoher Geschwindigkeit über Reichstag und Kongreßhalle in West-Berlin. Dort fand ab 15 Uhr eine Sitzung des Bundestages
statt, auf der Tagesordnung des westdeutschen Parlaments standen eigentlich banale Dinge wie die 19. Verordnung zur Zolltarifänderung
für Industriekartoffeln.
An diesem Tag ist auch der Verkehr auf der Autobahn zwischen Helmstedt
und Berlin von 8.30 Uhr bis gegen 12 Uhr unterbrochen, die Wartezeiten betragen mehr als 20 Stunden.
Den Abgeordneten des BRD-Bundestages, Willy Brandt als Regierender Bürgermeister
des Westberliner Senates eingeschlossen, gelang es nicht auf dem Landweg nach Westberlin vorzudringen. Sie mußten auf Hilfe
und Flugzeuge der Westalliierten zurückgreifen.
Die Su- und MiG-Maschinen fliegen einzeln und in Staffeln im Sturz- und Tiefflug
über dem Tiergarten, den Flughäfen Tempelhof, Tegel und Gatow sowie den Hauptquartieren der Alliierten.
Es nicht das erste Mal, daß der Bundestag Bonn verließ und in Berlin tagte.
Aber es war die Zeit, als der US-Präsident Johnson die systematische Bombardierung Nordvietnams angeordnet hatte, die Spannungen
zwischen Ost und West hatten einen Höhepunkt erreicht.
Die Aktion war zudem eine Reaktion auf diverse Provokationen der Bundesluftwaffe
der BRD, so der Flug einer F-84 am 14. September 1961 nach Tegel. Die Flüge über der Stadt wurden als Einzelflüge mit kurzen
Abständen und nur im Horizontalflug ohne Nachbrenner durchgeführt.
Dabei gab es eine Plangrafik mit festgelegten Überflugzeiten und Überflugpunkten.
Die Kanonen dröhnten zum Glück nicht, wohl aber die Triebwerke und sie sprachen eine klare Sprache:
Berlin (West) gehört nicht der Bundesrepublik!
Die Aktion erfolgte zeitgleich mit einer vom 05. bis 11. April 1965
im Raum Berlin bis westlich der Elbe stattfindenden Truppenübung der Land- und Luftstreitkräfte der NVA und der Sowjetarmee.
Es kamen bei der Übung ca. 500 Flugzeuge zum Einsatz. Schwerpunkt war - man glaubt es kaum - Tiefflugeinsätze mit hoher Geschwindigkeit.
Die Übung weist aber auch darauf hin, wie gefährlich die Aktion war und das die beteiligten Truppenteile diese durch ihre
Präsenz unmittelbar militärisch absicherten.
Verschärfend kam hinzu, das bereits 1959 die westlichen Alliierten (FR, GB,
USA) einen streng geheimen Sonderstab "Live oak" (Lebenseiche) gebildet hatten.
An diesem beteiligten sich ab 1961 "zur logistischen Unterstützung" auch Offiziere
der Bundeswehr. Aufgabe dieses Sonderstabes war es, den freien Zugang nach Westberlin zu gewährleisten.
"Heiße Phasen gab es vor allem in den 60er Jahren, .... 'Counter-measures'
in unterschiedlichen Eskalationsstufen hatte "Live oak" in petto: von der Entsendung bewaffneter Divisionen bis hin zum Einsatz
taktischer Atomwaffen."
Die Kampfjets und die Boden-Blockaden von Westberlin (1965, 1968, 1969) erreichten
ihr Ziel: Im Berliner Viermächte-Abkommen vom 03. September 1971 (BAnz Nr.174/72-Beil.) verpflichten sich die Westmächte,
keine Plenarsitzungen des Bundestages in Berlin mehr zuzulassen.
Erst 25 Jahre später, erst nach dem Fall der Mauer, tagten die Parlamentarier
wieder in Berlin.
Dabei hat es sich sowohl um DDR- als auch sowjetische Maschinen gehandelt.
So schreibt z.B. die Hamburger Morgenpost vom 24.05.1999: "...Sitzung des Bonner Bundestags wird von tieffliegenden DDR-Düsenjägern
gestört." Unsere Maschinen waren dabei einzeln zwischen den sowjetischen Maschinen eingeordnet. Parallel dazu flogen Maschinen
anderer NVA- und sowjetischer Geschwader Sperreflug in großen Höhen über Berlin. Weitere Einheiten der NVA waren an der Sicherstellung
der Flüge beteiligt. Bei den unmittelbar beteiligten 5 DDR-Maschinen handelte es sich um "Silberpfeile", vermutlich MiG-21
PF.
Die beteiligten DDR-Piloten waren die Genossen Wolf, Fischer, Brucke, Gareis
und Weinhold.
Karl-Eduard von Schnitzler widmete den Berichten des Westfernsehens zu diesem
Ereignis seine 261. Sendung vom 12. April 1965 mit Titel "Reinfall des Bundestags". Das vollständige Script, einschließlich
der westdeutschen TV-Kommentare, findet sich auf dem Web des dra.de zum download (PDF, 6,4 MB), Zitat: "...wer die DDR
gern zum Frühstück verspeisen möchte, für den sind die DDR-Straßen versperrt."
Quelle: Aus snafu.de